·

Ein Jahr danach. Deutsches Rotes Kreuz in Nordrhein zieht Bilanz zur Flutkatastrophe 2021

Düsseldorf, 14.07.2022. Auch ein Jahr nach dem verheerenden Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ist das Rote Kreuz noch immer an vielen Orten im Einsatz, um die Menschen in den Flutgebieten zu unterstützen. Die komplette Wiederherstellung der öffentlichen Infrastruktur und der Privathäuser wird noch Jahre in Anspruch nehmen. Am ersten Jahrestag der Flutkatastrophe blickt das DRK zurück auf einen historischen Einsatz.

Über 2.500 eingesetzte Kräfte des DRK waren in den ersten Tagen der Flut alleine in Nordrhein-Westfalen im Einsatz, um evakuierte Personen zu betreuen, Menschen zu verpflegen, Sandsäcke zu transportieren und lokale Unterstützungen ins Leben zu rufen. Besonders betroffen von der Flut waren in Nordrhein-Westfalen die Kreise Euskirchen, Rhein-Erft, Rhein-Sieg, die Städteregion Aachen sowie die Städte Leverkusen und Hagen. Alleine im DRK-Kreisverband Euskirchen wurden in den ersten Tagen der Flut täglich bis zu 4.000 Mahlzeiten ausgegeben. In Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gab das Rote Kreuz insgesamt über 2,8 Millionen Liter Trinkwasser an die Bevölkerung aus. Kräfte der hubschraubergestützten Wasserrettung des DRK waren im Dauereinsatz, um aus dem Hubschrauber heraus Menschen aus ihren Häusern zu retten. In Stolberg (NRW) sowie Rech, Kalenborn und Bad-Neuenahr-Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) wurden mobile Arztpraxen des DRK betrieben. Installierte Lichtmasten und Notstrom-Aggregate des DRK sorgten für Licht in den betroffenen Orten. In zahlreichen DRK-Kreisverbänden und Ortsvereinen retteten, versorgten, evakuierten, betreuten und unterstützen Ehrenamtliche des DRK.

Personenauskunftsstellen des DRK halfen bei Vermissten

Weil die Kommunikation über herkömmliche Wege in den Hochwassergebieten vielfach nicht mehr möglich war, galten viele Menschen zunächst als vermisst. Die Ehrenamtlichen der DRK-Kreisauskunftsbüros in Euskirchen und Aachen waren im Einsatz, um Betroffenen Auskunft über den Verbleib ihrer Angehörigen zu geben. Diese Personenauskunftsstellen sind berechtigt, Personalien und Daten über den Verbleib vermisster, evakuierter und sonstiger betroffener Personen und den Zustand von Verletzten zu erheben. Insgesamt wirkten 30 Helfer aus dem Landesgebiet Nordrhein in Personenauskunftsstellen mit. Im Landesgebiet Nordrhein konnten alle Fälle von Vermissten in Folge der Flutkatastrophe aufgeklärt werden.

Zentrales Logistikzentrum in Zülpich

Um ein gezieltes Abrufen und Ausgeben von Spenden gewährleisten zu können, betrieben die beiden DRK-Landesverbände Nordrhein und Rheinland-Pfalz seit dem 22. Juli 2021 auf einer Fläche von über 10.000 qm² ein zentrales Logistiklager in Zülpich. Dieses hatte sich nach der Flutkatastrophe zu einem wichtigen Dreh- und Angelpunkt für die Spenden in der Hochwasser-Region entwickelt. Waschmittel, Getränke, Kühlschränke und vieles mehr stapelt sich auf über 17.500 Europaletten. Täglich fuhren LKWs die Laderampen an, um Materialien für die Kreise und Kommunen abzuholen oder anzuliefern. Sortiert und kontrolliert wurden die Spenden über die Bürgerzentren in den betroffenen Städten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz verteilt. Durchschnittlich über 100 Paletten wurden so täglich ausgeliefert. Waschmaschinen, Kühlschränke, Hygieneartikel, Tiernahrung, Artikel für Kleinkinder und viele weitere Spenden halfen den betroffenen Menschen der Flutkatastrophe. Alleine 2.250 Paletten Lebensmittel, 2.775 Paletten Getränke sowie 1.220 Paletten Hygiene- und Reinigungsmittel konnten über das Logistikzentrum an Flutopfer verteilt werden. 2.100 Weißwaren wie Kühlschränke, Herde, Waschmaschinen und Trockner, 410 Bautrockner, 70 Heizgeräte und zahlreiche weitere Spenden wurden ausgeliefert.

Hohe Spendenbereitschaft

Die Spendenbereitschaft für die betroffenen Menschen der Flutkatastrophe war außerordentlich hoch und zeugte von einer großen Welle der Solidarität. Alleine im DRK-Landesverband Nordrhein konnten mehrere tausend Menschen durch zahlreiche Soforthilfen, Wiederaufbauhilfen, den Verleih von Gebäudetrockner und Gebläse sowie weitere Hilfen mit einem Spendenvolumen von insgesamt 6,7 Millionen Euro unterstützen werden. Die Soforthilfe-Spendenmittel des Deutschen Roten Kreuzes konnten mit einem Volumen von fast 3 Millionen Euro über 5.200 Haushalte unterstützen. Darüber hinaus wurden bislang durch DRK-Kreisverbände in Nordrhein gut 1,3 Millionen Euro aus Spendenmitteln der Aktion „NRW hilft“ an mehr als 1.000 Haushalte ausgezahlt.

Die Soforthilfen des Deutschen Roten Kreuzes haben unter anderem ermöglicht, dass in Euskirchen über mehrere Wochen hinweg direkt nach der Flut die Verpflegung der Betroffenen und Einsatzkräfte gewährleistet, und Spontanhelfende mit persönlicher Schutzausrüstung ausgestattet werden konnten. Auch heute noch werden in den stark betroffenen Regionen Auszahlungen an die Betroffenen getätigt.

Lotsenstellen ermöglichen soziale Beratung für Betroffene

Mit 840.000 Euro aus Spendenmitteln des DRK wurden Fluthilfe-Koordinatoren in den DRK-Kreisverbänden Euskirchen, Rhein-Erft, Rhein-Sieg und der Städteregion Aachen finanziert. Die Lotsenstellen beraten Betroffene der Flut etwa zu finanziellen Hilfeleistungen, zu psychosozialen Unterstützungsmöglichkeiten und zu Präventionsmaßnahmen. Weiter sollen mit der Wiederaufbauhilfe Maßnahmen zur Wiederherstellung von Versorgungseinrichtungen, Baumaßnahmen, Strukturverbesserung, psychosozialer Nachsorge für die Betroffenen, individuelle Rehabilitation und Entwicklung von Gegenmaßnahmen für weitere kritische Situationen vorgenommen werden.

Lehren aus der Flutkatastrophe

Die Klimakrise führt dazu, dass wir in Zukunft häufiger mit Extremwetterereignissen wie diesen konfrontiert werden. Einsätze im Rahmen von Starkregenereignissen und Hochwasser werden damit zunehmen. Daher setzt sich das Deutsche Rote Kreuz auch weiterhin dafür ein, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den ehrenamtlichen Einsatz im Katastrophenschutz so attraktiv wie möglich machen. Zu einer gelebten Anerkennungskultur des Ehrenamtes können und sollten viele Akteure – von politisch Verantwortlichen über die Gesellschaft bis hin zu Arbeitgebern – beitragen.

Darüber hinaus muss auch die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung gestärkt und die Katastrophenvorsorge im Land weiterentwickelt werden. Das Ereignis hat gezeigt, dass das Krisenmanagement des Landes einer Überprüfung bedarf. Das Land Nordrhein-Westfalen muss seine zentrale Rolle im Katastrophenschutz stärker wahrnehmen. Die Bewältigung der Unwetterkatastrophe hat gezeigt, dass es einer ressortübergreifenden Verantwortung und Koordination durch das Land bedarf, die stärker, umfassender, verlässlicher und verbindlicher sein muss als es die bisherigen Zuständigkeiten zulassen.

► Weitere Informationen unter www.drk-nordrhein.de/hochwasser